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Emotionen verstehen
Die 3 Schlüssel für emotionale Freiheit und warum es so wichtig ist, Deine Emotionen zu verstehen.
Kennst Du das, in bestimmten Situationen, verhältst Du Dich immer ähnlich, obwohl Du genau weißt, dass es vielleicht besser wäre, anders zu reagieren? Und dann wirst Du wieder von Deinen Emotionen überflutet, bist wieder voll ausgeflippt oder hast nichts gesagt. Hinterher stehst Du kopfschüttelnd da, voller Selbstvorwürfe und verstehst einfach nicht, warum Du trotz aller Vorsätze schon wieder so reagiert hast? Es ist wie verhext, Du kannst Dein Verhalten in bestimmten Situationen nur sehr schwer verändern und bist dann oft entscheidungs- und handlungsunfähig.
Was passiert da eigentlich in Dir und warum?
Genau das erfährst Du in diesem Beitrag.
Warum du wirklich nichts dafür kannst, wenn du schon wieder ausflippst oder schweigst
Allen unseren Entscheidungen und Handlungen liegen unsere Emotionen zu Grunde. Jeder Entscheidung und Handlung, in allen Bereichen unseres Lebens, gehen eine oder mehrere Emotionen voraus. Diese Gefühle beeinflussen und steuern unser Verhalten meist vollkommen unbewusst. Wenn Du in diesen Situationen wie fremd gesteuert reagierst und die Kontrolle verlierst, liegt das also in erster Linie in unseren Emotionen begründet. Genauer gesagt in den emotionalen Mustern und Prägungen in unserem Gehirn, den sogenannten neuronalen Netzwerken und unseren blockierten Emotionen, die nicht mehr ihren ursprünglichen Sinn erfüllen: den dysfunktionalen Emotionen.
Zum besseren Verständnis schauen wir uns erstmal an, welche Bedeutung und Aufgabe unsere Gefühle überhaupt haben.
Alleine das wirklich zu verstehen, unsere Emotionen zu verstehen, ist der erste Schritt zur Veränderung.
Obwohl Emotionen und Gefühle nicht grundsätzlich das Gleiche sind, werde ich zur Vereinfachung hier keinen Unterschied machen. Nur so viel: Gefühle sind ein Teil unserer Emotionen. Denn Emotionen erleben wir als Gefühle, Denkprozesse und Körperempfindungen. Die Gefühle nehmen wir durch unser Körpererleben wahr, etwa der gefühlte Kloß im Hals, Knoten im Bauch, blockierter Atem, feuchte Hände, Schauer, usw.
Der erste Schlüssel: Die Aufgaben deiner Emotionen zu verstehen
Emotion kommt ursprünglich vom lateinischen „Emotio“, was so viel bedeutet wie: heftige Bewegung. Emotionen sind kurze Reaktionen auf bestimmte Ereignisse, die Konsequenzen für unser Wohlbefinden haben und meist eine sofortige Handlung erfordern. Sie führen zu Veränderungen in unserem Gehirn, beeinflussen unsere Wahrnehmung und spielen eine sehr zentrale Rolle in unserem sozialen Miteinander. Vor allem aber sind sie von Natur aus in uns angelegte Handlungsprogramme, die uns dabei helfen, blitzschnell und automatisiert reagieren zu können, um (überlebensnotwendige) Probleme zu lösen. Und zwar ohne dass viel mentale Energie eingesetzt werden muss. Denn unser Gehirn ist ein Energiesparjunkie.
Wir kennen alle die Geschichte von unserem Urzeitvorfahren, der auf der Jagd plötzlich alleine dem gefährlichen Säbelzahntiger gegenüberstand und nur wenige Sekunden Zeit hatte, um sich in Sicherheit zu bringen. Da blieb keine Zeit zu überlegen, wie er denn jetzt am besten reagieren könnte. Da kam es auf jede Millisekunde an, in die Handlung zu kommen, um sich zu retten.
Im Beispiel des Urzeitvorfahren löste sein Gehirn auf Grund des Triggers (Auslöser) „der Gefahr durch den Säbelzahntiger“ die Emotion Angst und die dazugehörigen automatisierten Handlungsprogramme aus. Diese liefen sofort vollkommen unbewusst ab und er war dadurch in der Lage, sich schnell in Sicherheit zu bringen. Diese urzeitlichen Programme, die durch Angst ausgelöst werden, sind zu unserem Schutz bis heute auch in unserem Gehirn aktiv.
Genauso gibt es auch für andere Emotionen entsprechend angelegte Handlungsprogramme. Oder sie entstehen erst in unserem Gehirn im Laufe unseres Lebens durch bestimmte Erfahrungen und Erlebnisse, die mit der Emotion verknüpft werden. Alle mit dem Hintergrund, uns gut überlebens- und lebensfähig zu machen. Jede Emotion, die wir fühlen, hat ihre Aufgabe und ihren Sinn. Denn hinter jedem Gefühl steht ein Bedürfnis, das erfüllt werden will, um uns vor Schmerz zu bewahren und ein zufriedenes Leben führen zu können.
Die Aufgaben unserer 7 Basisemotionen
Jede unserer Emotionen hat eine für unsere Bedürfnisse sehr wichtige Aufgabe. Schauen wir uns die dahinterstehenden Bedürfnisse, Trigger und Funktionen der 7 Basisemotionen einmal an.
Der Trigger ist eine empfundene Bedrohung des körperlichen- oder psychischen Wohlbefindens. Die Funktion von Angst ist Bedrohung zu vermeiden oder Schaden zu reduzieren. Das Stärkste unserer unbewussten Handlungsprogramme. Wir haben nur 4 Möglichkeiten zu reagieren: Kampf, Flucht, Erstarren oder Unterwerfung.
Der Trigger ist der Verlust von etwas Wertvollem. Die Funktion von Trauer ist ein Hilferuf an die Gemeinschaft, um den Verlust verarbeiten und annehmen zu können und den verloren- gegangenen Wert im Herzen zu bewahren. Auch das Wiedererlangen von eigenen Ressourcen spielt hier eine Rolle.
Der Trigger ist eine psychische oder physische Verunreinigung. Die Funktion von Ekel ist die Beseitigung oder Distanzierung von der psychischen oder physischen Verunreinigung. Schutz vor Vergiftung jeder Art.
Der Trigger ist ein Zielhindernis, ein Unrecht oder eine Werteverletzung. Die Funktion von Ärger ist das Zielhindernis, das Unrecht oder die Werteverletzung zu beseitigen. Mit dem Ärger steigt unsere Leistungsfähigkeit und unser Durchsetzungsvermögen.
Der Trigger ist eine Zielerreichung, eine Wunscherfüllung oder eine Bedürfnisbefriedigung.
Die Funktion von Freude ist eine Zukunftsmotivation und Bereitschaft zur Kooperation. Sie bringt uns mehr Kraft und Energie und alles geht uns leichter von der Hand.
Der Trigger ist, wenn etwas neu und verständlich für uns ist. Die Funktion von Interesse ist die Erkundung, Erforschung, Erkenntnisgewinn und Wachstum. Exploration.
Der Trigger ist ein neues unerwartetes „Objekt“, ein Ereignis, eine Information etc.
Die Funktion der Überraschung ist das Gewinnen von Informationen, um sich zu re-orientieren, unerwartete Eindrücke voll zu erfassen und zu verarbeiten und sich dadurch auf die neue Situation einstellen zu können.
Denn sind wir in gutem Kontakt mit unseren Bedürfnissen und Emotionen, signalisiert das unserer Psyche und Neurobiologie, dass alle unsere Bedürfnisse erfüllt und wir den Herausforderungen des Lebens gewachsen sind.
Emotionen sind unsere Bedürfniserfüllungsgehilfen, eigentlich doch wunderschön
Natürlich gibt es noch viel mehr Emotionen und hinter jeder steht eine wichtige Funktion zur Erfüllung unserer Bedürfnisse, damit wir ein sicheres, erfülltes und zufriedenes Leben führen können
Wir alle haben Grundbedürfnisse.
Neben den Grundbedürfnissen Schlafen, Essen und Trinken etc. haben wir:
Aber in unserer heutigen Gesellschaft (und ich denke früher war dafür noch viel weniger Platz), spielen unsere Bedürfnisse und Emotionen leider keine große Rolle, solange wir nur funktionieren. Im Gegenteil, eigene Bedürfnisse zu haben ist häufig immer noch verpönt. Man wird oft als bedürftig (bemitleidenswert) oder egoistisch (überzogene eigene Ansprüche) dargestellt. Und Gefühle zu äußern wird uns oft schon als Kind abtrainiert. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, „Heulsuse“, „Stell Dich nicht so an“ usw. Wir kennen fast alle diese Aussagen und wir lernen, dass unsere Bedürfnisse und Emotionen nicht gut und unerwünscht sind. Und was tun wir?
Wir unterdrücken sie und verurteilen und schämen uns sogar noch dafür, dass wir Bedürfnisse und Emotionen haben. Was passiert dann?
Wir verlieren den Kontakt zu unseren Bedürfnissen und Emotionen, die ja trotzdem noch da sind. Wir verlieren den Kontakt zu uns und verdrängen das, was uns ausmacht und uns hilft, ein erfülltes Leben zu führen.
Fehlt uns aber dieser Kontakt und unsere Bedürfnisse werden nicht erfüllt, werden in unserem Gehirn immer wieder neue Stresserfahrungen abgespeichert und unsere Emotionen, die ja als Bedürfniserfüllungsgehilfen dienen sollen, werden immer stärker. Sie geraten außer Balance, blockieren oder übersteuern, werden dysfunktional und kommen nicht mehr zur Ruhe.
Der zweite Schlüssel: Zu verstehen, warum unsere Emotionen außer Kontrolle geraten
Das erste Hauptziel unseres Organismus ist es, uns vor Schaden zu bewahren, um zu überleben. Jedes Erlebnis, das wir haben, ist mit einer oder meist mehreren Emotionen verbunden und wird so in unserem Gehirn gespeichert. Wenn wir in unserem Leben starke Emotionen erleben und wie auch immer geartete Stresserfahrungen machen, werden auch diese in unseren neuronalen Netzwerken abgespeichert und verknüpft. Es entstehen emotionale Verknüpfungsmuster in unserem Stressnetzwerk im Gehirn, die uns in neuerlichen, gefühlt ähnlichen Situationen schnell reagieren lassen, um den schon mal erlebten Stress/ Schaden zu vermeiden. Unser Alarmzentrum im Gehirn, die Amygdala, geht in ständige Bereitschaft. Mit jeder Wiederholung werden diese neuronalen Muster stärker und stabiler und die Alarmbereitschaft sensibler.
Werden diese Stressmuster durch einen Reiz aktiviert und ist die damit verknüpfte Emotion zu stark, wie z.B. extreme Angst, dann kippt die Emotion in einen blockierten, dysfunktionalen Zustand. Vergleichbar wie das Durchbrennen einer Leitung oder Sicherung. Wir verlieren die Kontrolle über unser Verhalten, unsere Entscheidungen und unsere Handlungen. Wir können nicht mehr klar denken, wir reagieren nur noch ganz automatisch. Das ist der Moment, in dem wir häufig Dinge tun oder sagen, die wir hinterher bereuen und gar nicht verstehen, warum wir diese getan oder gesagt haben oder auch nicht gesagt haben. Dinge, die eigentlich untypisch für uns sind und oft nichts mehr mit unseren Werten zu tun haben oder wie wir uns als Mensch gerne sehen wollen. Was wir uns in oder nach diesen Momenten oder Situationen unbedingt klar machen sollten, ist.
Wieder Entscheidungs- und Handlungsunfähig
Zu diesem Zeitpunkt, wenn die Emotion zu stark und dysfunktional ist, sind wir wirklich nicht mehr in der Lage klar zu denken, zu entscheiden oder zu handeln. Wenn unser Alarmzentrum zu stark aktiviert ist, fährt unser Gehirn automatisch unsere Steuerungszentrale herunter, die u.a. für unsere kognitiven Fähigkeiten wie Logik und Vernunft, sowie auch für unsere Emotionsregulation zuständig ist, um Energie zu sparen.
Wir können dann nur noch vollkommen unbewusst, emotional, irrational und automatisiert reagieren. Nach den bekannten Mustern in unserem Gehirn. Wir haben erstmal gar keine Wahl anders zu reagieren. Denn wir müssten noch Zugang zu unseren kognitiven Fähigkeiten haben, um eine andere Entscheidung treffen zu können. Also, ganz wichtig:
Wir können nichts dafür!
Jede emotionale Blockade entsteht in unserem Gehirn und liegt nicht in der Situation oder unserer Unfähigkeit begründet!
Denn jeder Trigger (Auslöser, Reiz) löst eine Emotion aus. Erfüllt sie ihre ursprüngliche Funktion (Aufgabe), kommen wir in die entsprechende Handlung, das Bedürfnis wird erfüllt und die Emotion kommt wieder zur Ruhe. Die Emotion an und für sich ist weder positiv noch negativ. Kann die Emotion ihrer Funktion, unser Bedürfnis zu erfüllen, nicht nachkommen, aktiviert das unser Stressnetzwerk, die Emotion blockiert, wird dysfunktional und kommt nicht mehr zur Ruhe.
Beispiele für dysfunktionale Emotionen:
Nicht-enden-wollende unangenehme Emotionen sind Hinweisschilder für unerfüllte Bedürfnisse. Wir fühlen uns ständig gestresst und angespannt. Durch bestimmte Auslöser werden wir immer wieder so massiv getriggert, dass wir von unseren Gefühlen überflutet werden und keine Kontrolle mehr über unsere Entscheidungen und Handlungen haben, weil die Emotion zu stark ist und ihre ursprüngliche Funktion, für unser Bedürfnis zu sorgen, nicht mehr erfüllen kann.
Alleine diese Erkenntnis, unsere Emotionen zu verstehen, hilft uns unser Nervensystem zu beruhigen!
Der dritte und entscheidende Schlüssel für emotionale Freiheit: Gib Deinen Emotionen und Bedürfnissen wieder einen Platz in Deinem Leben
Lerne Deine Emotionen und Bedürfnisse zu verstehen. Es geht nicht darum, die mit der stressenden Situation verbunden Emotionen wegzubekommen. Es geht vielmehr um das Herstellen eines gesunden Gleichgewichts unserer Bedürfnisse. Würden wir anfangen hinzuschauen: Was genau sind eigentlich meine Bedürfnisse und welche sind nicht erfüllt? Unsere Emotionen sind klare Wegweiser dafür. Wenn wir doch nur endlich aufhören würden, uns für unsere Emotionen – unser Verhalten, zu verurteilen oder zu schämen und stattdessen anfangen könnten, unseren Bedürfnissen in unserem Leben wieder einen Platz zu geben und unsere Emotionen als unsere Helfer wahrzunehmen, akzeptieren und zuzulassen.
Weil wir verstehen, dass sie alle ihren Sinn haben und sie wichtig für uns sind, auch wenn sie sich mal unangenehm anfühlen. Wenn wir den Mut hätten unsere Emotionen wieder zu fühlen und zuzulassen.nWenn wir lernen würden, unsere Emotionen zu verstehen, anzuerkennen und zu regulieren, dann können unsere Emotionen ihre Funktion, unsere Bedürfnisse zu erfüllen, wieder wahrnehmen.
Wir bleiben in unserer Mitte und können unsere Entscheidungen und Handlungen in Bezug auf die Herausforderungen unseres Lebens, selbst wählen. Ein Leben voller Selbstbestimmung, Selbstbewusstsein und Zufriedenheit.
Du wirst zum echten Schöpfer Deines Lebens!
Wir fühlen uns in unserer Mitte und sind allen Herausforderungen gewachsen. Wir sind emotional frei und können immer selbst entscheiden. So sollte es für jeden von uns sein!
Wie geht es Dir mit diesen Erkenntnissen?
Hilft Dir dieser Artikel Dich und Deine Emotionen besser zu verstehen oder hast Du noch Fragen?
Schreib mir gerne per mail.
Ganz liebe Herzensgrüße